Boilies - Karpfenköder - Was steckt dahinter?

Plötzlich durchbricht das schrille Signal des Bissanzeigers die Stille der Nacht. Jetzt schnell zur Rute, den Anschlag setzen, bange Sekunden doch das Warten wird belohnt: Mit seinem unverwechselbaren Run zieht ein kapitaler Karpfen an der Schnur. Mit 20 Pfund und mehr gelten diese großen Fische als kampfstärkste Vertreter in heimischen Gewässern. Wohl keine andere Art ist deshalb bei Anglern so beliebt. Und für keinen anderen Schuppenträger gibt es so viele Varianten für Köder und Montagen. Einen Karpfen zu angeln ist fast zur Wissenschaft geworden. Wie lassen sich Schuppi und Spiegler an den Haken bekommen?

Mit dem richten Karpfenköder zum Erfolg

Sicher gibt es zahllose Ruten mit unterschiedlicher Aktion, Schnüre, Haken, Rollen und Bleie, die alle ihren Teil zum Erfolg beitragen. Doch am Ende beißt der Fisch auf einen bestimmten Köder. Ist dieser verführerisch genug, saugt der Karpfen ihn ein. Wenn er jedoch keine Lockwirkung hat, wird sich nicht einmal ein Brassen für ihn interessieren. Nun gibt es sicherlich nicht den einen Köder mit Fanggarantie. Dennoch gelten einige als besonders fängig. Dazu zählen:
  • Maiskörner
  • gekochte Kartoffeln
  • die Tigernuss
  • der Boilie
Vor allem der Boilie gilt unter Karpfenanglern als besonders erfolgreich. Entsprechend breit ist das Angebot dieser besonderen Ködervariante.

Mit Erdbeere, Vanille und Knoblauch zum Karpfen

Was ist überhaupt ein Boilie? Es handelt sich dabei um einen künstlich hergestellten Köder aus natürlichen Zutaten. Die genaue Rezeptur behält jeder Anbieter und Angler für sich, grundsätzlich kommen verschiedene Mehlsorten (Mais, Soja, Fisch), Aromen und Zusatzstoffe zum Einsatz. Als Besonderheit wird diese Mischung vor dem Einsatz gekocht. Daher rührt auch der Name, nämlich vom englischen "to boil", also "kochen". Durch dieses Verfahren wird die ballförmige Teigkugel hart und fest.

Woher kommt der Boilie? Auf jeden Fall aus England. Die Erfindung geht auf James A. Gibbinson und Fred Wilton zurück. Wer genau als Vater der modernen Karpfenangelei angesehen werden kann, lässt sich schwer sagen. Zumindest war es wohl der Hafenarbeiter Wilton, der zum ersten Mal einen mit heutigen Formen vergleichbaren Boilie verwendete. Seine Theorie bestand darin, dem Fisch einen möglichst hohen Nährwert von Proteinen anzubieten. Im englischen Sprachraum ist dies als HNV-Methode bekannt. Entsprechend experimentierte er mit Eiern, Milcheiweiß und verschiedenen pflanzlichen Proteinen, die auch heute noch zum Einsatz kommen. Außerdem enthalten moderne Mischungen weitere Pulver, Farbstoffe und Kräuter. Insbesondere wurden die anfänglichen Rezepturen um Lockstoffe erweitert: Aromen von süßen Erdbeeren bis zu herzhaftem Knoblauch.

Der Vorteil der harten Schale

Ein Boilie unterscheidet sich von anderen Ködern neben seinem intensivem Aroma vor allem durch die feste Außenhaut. Oft sind die Kugeln so weit durchgegart, dass sie vollständig aushärten. Wozu dient das?

Ein wesentliches Problem von Naturködern wie Mais ist, dass andere Friedfische wie Rotaugen und Rotfedern ebenso daran interessiert sind. Zwar kann der Angler über die Größe des Hakens Einfluss auf die Bisse nehmen, dennoch stellen Beifänge oft den Großteil der Ausbeute dar. Ein harter Boilie ist hingegen für die kleinen Weißfische nicht zu knacken. Ganz anders ist die Situation beim Karpfen. Dieser ernährt sich in seinem natürlichen Umfeld unter anderem von Muscheln, die er mit den Schlundzähnen aufbricht. Die duftenden Teigbälle sind deshalb für ihn trotz der Kruste eine Delikatesse.

Außerdem ergibt sich durch die schützende Außenhaut noch ein weiterer Effekt. Ein Karpfenansitz kann eine Nacht und länger dauern. Je nach Gewässer und Bestand ist es nicht einfach, einen der großen Fische zu landen. Gewöhnlicher Teig, der nicht gehärtet wurde, löst sich mit der Zeit im Wasser auf. Außerdem entweichen die Aromastoffe aus den meisten Ködern wesentlich schneller und unkontrollierter als aus einem Boilie. Grund dafür ist die feinporige Struktur der gekochten Teigbälle. Viele andere Köder verlieren also zu schnell ihre Lockwirkung.

Unterschiedliche Boilie-Arten

Nun ist es nicht so, dass es den einen Boilie gibt, der alles fängt. Stattdessen ist eine riesige Auswahl von unterschiedlichen Varianten verfügbar. Die große Menge der verfügbaren Boilie-Baits unterteilt sich zunächst einmal in die konservierten Teigbälle und die gefrorenen, sogenannte Freezer.

Fertig für den Fang: Der konservierte Boilie

Konservierte, Fertig- oder Ready-Boilies werden bei Raumtemperatur gelagert. Sie enthalten unterschiedliche Arten von Konservierungsstoffen, die sie vor dem Verderb schützen. Dadurch sind die Kugeln sofort einsatzbereit, wenn das Wetter einen erfolgreichen Ansitz verspricht. Außerdem gibt es keine Schwierigkeiten bei der Lagerung und beim Versand.

Frisch zum Fisch: Freezer-Boilies

Sogenannte Freezer sind frische, also ohne Konservierungsstoffe hergestellte Karpfenköder. Damit die Inhaltsstoffe wie Fischmehl, Mais und Soja nicht verderben, müssen sie tiefgefroren gelagert werden. Ihr Vorteil ist, dass sie absolut frisch sind und die Aromen unverändert bleiben.

Wann fängt welcher Köder?

Die Grundlagen sind damit geklärt und es folgt die Frage: Welcher Boilie fängt den größten Karpfen? Jeder Angler kann wohl reichlich Geschichten erzählen, wie er mit dem Top-Köder am Wasser war und dennoch Schneider geblieben ist. Das heißt: Eine Fanggarantie gibt es nicht. Allerdings ist die Wahl eines passenden Köders keinesfalls dem Zufall überlassen. Tatsächlich zeigt sich immer wieder, dass bestimmte Boilies in einem Gewässer und bei einer Wetterlage fängiger sind als andere. Yellow Dream von Eddy Sterckx ist zum Beispiel eine Variante, die das ganze Jahr über Erfolge bringt. Red Devil ist hingegen eher für die Zeit zwischen März und November geeignet. Das Wichtigste für Karpfenangler ist jedoch immer die Erfahrung am eigenen Gewässer. Gemeinsam mit Kollegen verschiedene Geschmacksrichtungen zu testen, ist immer eine gute Empfehlung.

Die richtige Boilie-Montage

Die Angelei mit einem Boilie unterscheidet sich durchaus von der mit anderen Ködern. Die harte Teigkugel lässt sich nur schwer auf einen Haken ziehen. Selbst wenn das gelingt, ist es meistens nicht möglich, den Anschlag durchzubringen. Selbst frisch geschärfte Haken sind oft nicht in der Lage, die harte Kruste zu durchdringen. Außerdem gibt es noch ein weiteres interessantes Phänomen. Es lässt sich beobachten, dass Fische ausgerechnet den Hakenköder verschmähen, während sie das Lockfutter zügig verspeisen. Wie kommt das? Erstens sind Karpfen kluge Tiere, die aus einmal erlebten Gefahren lernen. Zweitens haben die meisten großen Fische mindestens einmal schon am Haken gehangen. In vielen Ländern (in Deutschland gelten andere Gesetze) ist das Zurücksetzen großer Fische üblich. Mit zunehmendem Alter werden die Schuppenträger daher vorsichtiger. Der Köder muss also so unverdächtig wie möglich platziert werden. Erfahrene Angler präsentieren ihre Karpfen-Boilies aus diesen Gründen an einer Haarmontage.

Die Haarmontage

Bei dieser Art der Montage liegt der Haken blank neben dem Köder. Um den Boilie zu befestigen, wird am Schenkel ein sogenanntes Haar angebunden. Dieses besteht üblicherweise aus dünner monofiler oder geflochtener Schnur. Mit einer eigens dafür angefertigten Nadel wird eine durchbohrte Kugel dann auf dieses Haar gezogen. Abschließend wird ein Boiliestopper angebracht, sodass der Köder sicher auf der Schnur bleibt. Karpfenangler können entweder fertig gebundene Haken mit Haar erwerben oder diese zu Hause selbst knoten. Diese Art der Präsentation wird meist mit einem Grundblei kombiniert, zum Beispiel als Selbsthakmontage. Daneben sind einige weitere Carp-Rigs gängig.

Den Appetit der Karpfen anregen

Einen Karpfen beim ersten Versuch zu erwischen, ist Glück. Die Fische schwimmen täglich fast identische Bahnen auf der Suche nach Futter. Der Angler muss also zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, um Erfolg zu haben. Wäre das allein ausschlaggebend, wäre die Fischerei eine große Lotterie. Tatsächlich lässt sich dem Glück aber auf die Sprünge helfen. Rechtzeitiges Anfüttern ist ein guter und erprobter Weg zum Erfolg.

Dazu werden regelmäßig zur gleichen Zeit Boilies oder Sticks an einer bestimmten Stelle versenkt. Wenn die Fische die Lockmittel entdecken und am gleichen Ort immer wieder frisches Futter vorfinden, nehmen die Karpfen diesen Platz in ihre tägliche Speiseroute auf. Dabei haben die harten Teigkugeln noch einen weiteren Vorteil. Durch das Freisetzen von Duftstoffen locken sie die Fische aktiv an. Um das Lockfutter an den gewünschten Ort zu bekommen, gibt es Futterboote und Schleudern.

Boilie-Tuning

Wird nun am Futterplatz geangelt, sind die Chancen auf einen kapitalen Fang deutlich größer. Es empfiehlt sich allerdings, den Köder am eignen Haken beziehungsweise am Haar noch ein wenig hervorzuheben. Karpfen-Freaks tauchen ihn dazu vorher in ein Liquid. Das ist eine stark aromatische Flüssigkeit, die eine zusätzliche Lockwirkung entfacht. Diese Methode ist auch als "Dip" oder "soaken" bekannt. Damit hebt sich der entscheidende Boilie durch ein stärkeres Aroma von den vielen Lockkugeln ab.

Spezial-Boilies für schwierige Gewässer

In einigen Gewässern, insbesondere in England, ist es sehr schwer, überhaupt einen Karpfen an den Haken zu bekommen. Das kann an der Beschaffenheit des Sees oder Flusses liegen oder ein menschengemachtes Problem sein.

Popup-Boilies für Kraut und Schlamm

Diese Variante von Karpfenködern kommt in der Regel dann zum Einsatz, wenn der Untergrund zu schlammig oder sehr stark bewachsen ist. In solchen Fällen kann ein Fisch den Boilie möglicherweise gar nicht wahrnehmen. Hier hilft es, den Köder etwas vom Grund abzuheben. Sogenannte „Popups“ treiben im Wasser auf und schweben somit verführerisch über Kraut und Schlamm hinweg.

Starke Angelkonkurrenz? "Coated Hookbaits" schaffen Abhilfe

Der Grund für ausbleibende Fänge ist in den meisten Fällen nicht der Untergrund, sondern der enorme Angeldruck. Die Vielzahl der Angler und Montagen hat die Fische ausgesprochen vorsichtig gemacht. Selbst ein verlockender Boilie wird vom Karpfen dann nicht mehr genommen. Jetzt kann eine weitere Beobachtung aus England helfen. Die Fische scheinen die Teigkugeln erst dann zu verspeisen, wenn diese schon lange im Wasser gelegen haben. Dann geht erfahrungsgemäß keine Gefahr mehr von ihnen aus. Wie kann der Angler darauf reagieren? Entweder indem er seine Freezer oder konservierten Kugeln vor dem Ansitz einige Tage wässert oder viele Tage am Gewässer bleibt – ohne die Montage zu wechseln. Zugegeben, keine attraktiven Möglichkeiten. Wesentlich effizienter und raffinierter sind die sogenannten "Coated Hookbaits". Diese bestehen aus mehreren Lagen, die sich im Wasser langsam auflösen. Nach wenigen Stunden sieht der Boilie dann aus, als läge er schon Tage im Wasser. Das wirkt wieder attraktiv auf den Fisch. So sind auch in schwierigen Gewässern noch gute Fänge zu machen.